Impfpflicht ade! Aber auch die Repression? Die Geschichte ist ein warnendes Fanal für die Zukunft!
Freunde der Schlagermusik werden sich an das berühmte Erzeugnis von Cindy & Bert aus dem Jahr 1973 erinnern: »Immer wieder sonntags kommt die Erinnerung.«
So weckte auch die im Zuge der Pressekonferenz zum Aus des Impflichtgesetzes getätigte Aussage des grünen Gesundheitsministers Johannes Rauch Erinnerungen an den Sommer 2021. Damals wie heute wurde folgende technische Kollektivsymbolik im sprachlichen Kontext bemüht: »Gräben zuschütten.«
Tödliche Politik
Im Juli 2021 hatte der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz in der Aula der Wissenschaften in Wien zu verstehen gegeben, dass man die gesellschaftlichen Gräben, die im Zuge der »Pandemie« entstanden seien, zuschütten müsse. Was danach folgte, ist allseits bekannt: 2G/3G-Schikanen, die Verkündung der Impfpflicht im November 2021, der unmenschliche Ausschluss Impfstofffreier von Handel, Gastronomie, Friseurbetrieben und Krankenhäusern und die weitere Ankurbelung der Spaltungs- und Polarisierungsdynamik.
Ein Jahr später wird die Bevölkerung mit exakt derselben Kollektivsymbolik erneut konfrontiert, diesmal mit einem anderen Protagonisten im Mittelpunkt: »Es ist Zeit, die Gräben wieder zuzuschütten«, so Gesundheitsminister Rauch im Zuge der Pressekonferenz zur Abschaffung der Impfpflicht. In abgewandelter Form des eingangs erwähnten Liedtextes lässt sich also sagen: »Immer wieder im Sommer kommt die Erinnerung.«
Während in den Reihen der maßnahmenkritischen Opposition, angefangen von der FPÖ, über die MFG bis hin zu den »Grünen gegen die Impfpflicht & 2G« Töne der Erleichterung zu vernehmen sind, trauen wir von der Freien Linken Österreich dieser ausgestreckten Hand der Versöhnung nicht. Denn wir wissen: die Geschichte ist ein warnendes Fanal für die Zukunft! Heute augenscheinlicher denn je, heute mehr als im Juli 2021!
Die Vorzeichen haben sich zu Lasten der Bevölkerung gravierend verändert. In Europa tobt ein Krieg, die Inflationsdynamik hat (u.a. auch durch die EZB-Gelddruckpolitik, die EU-Sanktionen gegen Russland – ein klares Eigentor – sowie die Lockdowns, mit denen die kapitalistische Überproduktionskrise kurzzeitig bekämpft wurde) an Fahrt aufgenommen, die Lebenshaltungskosten vervielfachen sich, bäumen sich wie eine Tsunamiwelle auf, die Schlangen vor den Sozialmärkten werden immer länger, der Wind bei vielen Gemütlichkeitsimpfbereiten dreht sich, da sie keine Lust auf ein Zwangs-Impfabo mit einer experimentellen Substanz haben und die Pharmapropaganda peu a peu durchschauen. Hinzu kommen die seelischen Kollateralschäden der Maßnahmen, die insbesondere Kinder und Jugendliche sehr hart getroffen haben. Psychische Probleme haben sich zu einer regelrechten – und dieses Mal echten – Pandemie entwickelt.
Angesichts dieser Umstände und der Schäden, welche die überzogenen Maßnahmen angerichtet haben und sich als unverkennbares Ausbeutungsphänomen zugunsten des Kapitals und der Vermögenden darstellen, ist die Aussage des Gesundheitsministers, dass die Abschaffung des Impfpflichtgesetzes »ein weiterer Schritt raus aus dem Krisenmodus« sei, purer Zynismus.
Der im Mai 2022 veröffentlichte Oxfam-Bericht »Profiting from pain« führt den ausbeuterischen Charakter der Covid-Konterrevolution vor Augen: zum Stichtag 11.03.2022 gab es um 573 Milliardäre mehr als zu Beginn der Covid19-Realität. »Diese Milliardär*innen verfügten zusammen über ein Vermögen von 12,7 Billionen Dollar – ein realer Anstieg von 3,78 Billionen Dollar (42 Prozent) während der COVID-19-Pandemie«.
Der hiesige Energiekonzern Verbund erwartet einen Gewinn von 1,5 bis 2 Milliarden Euro zum Jahresende, während den Menschen explodierende Energiekosten mit dem irreführenden Verweis auf den Krieg in der Ukraine aufgebrummt werden. Während die Aktionäre von börsennotierten Konzernen mit Rekorddividenden überschüttet werden, müssen hart arbeitende Menschen diese Gewinne im Zuge einer über sie rollenden Ausbeutungs- und Enteignungswelle finanzieren. Eine klassische Umverteilung von unten nach oben!
Wenn die Rede von »Raus aus dem Krisenmodus« ist, dann ist das gelinde formuliert eine Irreführung! Corona war der Bühnenaufbau und was in den nächsten Monaten an Teuerungen auf die Menschen zurollen wird, ist das eigentliche Konzert des Kapitals. Corona und die gesetzten Maßnahmen waren der Weg »Rein in den Krisenmodus« und das Impfpflichtgesetz eine künstliche Konstruktion einer weiteren sozialen Verwerfungslinie, die ihren Zweck, nämlich jenen der Polarisierung und Schwächung der Bevölkerung im solidarischen Auftreten gegen das Kapital, erfüllt hat.
Zu wenig Erde für solche Gräben
Hinzu kommt, dass das Impfpflichtgesetz nur ein Stück der Covid-Torte ist. Das kürzlich abgeänderte Epidemiegesetz, das dem Gesundheitsminister weitreichende Befugnisse einräumt, die schikanösen Masken- und 2/3G-Zwänge sowie die De-facto-Impfnötigung bei Neuanstellungen in vielen Bereichen des Arbeitsmarktes, gegen welche bis dato kein gesetzlicher Riegel vorgeschoben wurde, schweben wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Menschen. Dabei ist die Corona-Erzählung schon längst völlig entlarvt: Omikron hat nur noch den Bruchteil der Sterberate der jährlichen Influenza und die Impfung ist weit gefährlicher als eine Infektion, egal mit welcher »Virusvariante«.
Totalitäre Disziplinierungs‑, Überwachungs- und Kontrollmechanismen sind somit nach wie vor Realität und werden sukzessive ausgebaut. Also, von welchem Exit aus dem Krisenmodus spricht der grüne Gesundheitsminister Rauch? Die weiterhin existenten Repressionsstrukturen lassen stark an der Glaubwürdigkeit der Versöhnungsaussagen der politischen Akteure zweifeln.
Die durch die Repressionen der letzten zwei Jahre ins Prekariat und in multiple Deprivationslagen getriebenen Lohnabhängigen, die durch die Politik verängstigt, in die Enge getrieben und atomisiert wurden, werden es eines Tages schaffen wieder zueinander zu finden. Doch die Gräben, die zwischen oben und unten, der vermögenden Klasse und dem Rest weiter vertieft wurden, werden so schnell nicht zugeschüttet werden können. So viel Erde zum Zuschütten gibt es nämlich nicht!
Freie Linke Österreich