Freie Linke Österreich

Beitrag in der Tageszeitung Der Standard: “Corona-Maßnahmenkritiker sind autoritär!” – Offener Brief der Freien Linken Österreich 


Im Standard-Gastblog mit dem Titel „Verschwörungstheorien, Corona-Proteste und ein neuer Typus von Autoritären“ plädieren der Europapolitiker Hannes Swoboda und Constantin Lager, beide tätig im Sir-Peter-Ustinov-Institut, für einen Staat, der Solidarität und Brückenbau zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen in den Vordergrund stellt.

Gleich zu Beginn ist uns positiv aufgefallen, dass Corona-Maßnahmen kritische Demonstranten als Menschen ohne Anführungszeichen bezeichnet wurden. Dass das in Zeiten wie diesen keine Selbstverständlichkeit ist, hat der Szenejournalist Robert Misik eindrucksvoll bewiesen. Wieso dieser groteske Aspekt hervorgehoben wird? Weitere positive Aussagen können wir diesem Text leider nicht abgewinnen. Denn wie schon der Solidaritätsbegriff, der seit dem Corona-Ausnahmezustand täglich entehrt wird, hat sich auch der kollektivsymbolische „Brückenbau“ in diesem Blog als Pfuschaktion entlarvt.


Herr Swoboda! Herr Lager!
Sie wollen also „Brücken bauen“, nennen aber im selben Atemzug Corona-Demonstranten
„Esoteriker, Linke und Neofaschisten“ und beklagen die Allianz mit „Rechtsextremen“. Im Gegensatz zu Ihnen sorgte bei uns nicht der „Schulterschluss eines sehr heterogenen Publikums“ für Verwunderung, sondern das was die anderen verabsäumt haben zu tun. Das was vor allem „die Linke“ verabsäumt hat zu tun. „Die Linke“ sitzt nämlich lieber Smoothie schlürfend in ihren Hipsterstartups anstatt sich mit Politik, Klassenkampf und Ungerechtigkeiten, Systemkritik, Antikapitalismus und Grundrechten auseinander zu setzen. Dazu ist „die Linke“ bereits viel zu bequem geworden. Warum für irgendetwas kämpfen, solange das Macbook läuft?


„Die Linke“ ist genauso ausgehöhlt, leer und inhaltslos geworden wie „die Wissenschaft“. Es gibt nicht „DIE Wissenschaft“. Wissenschaft lebt von einem Austausch unterschiedlicher Ansätze und Meinungen. Nachdem seit 2020 jeglicher Diskurs eliminiert wurde, würden wir sagen, dass dieses Jahr wohl die Todesstunde „der Wissenschaft“ war. Gesprochen wird also derzeit von einer leblosen, amputierten Wissenschaft, die dringend wiederbelebt werden sollte.

Sie sprechen hier in diesem Artikel von „Gewaltfantasien die auf Transparenten zu lesen waren“. In welcher Welt leben Sie? Auf welchen Demonstrationen waren Sie eigentlich? In welchem Rausch haben Sie sich diese unglaublichen Lügen zusammenfantasiert? Diese Demonstrationen waren äußerst friedlich. Dort waren zu sehen: einige Linke, Rechte, Esoteriker, Christen, Intellektuelle, Arbeiter, Mütter, Väter, Kinder, Rollstuhlfahrer, Jugendliche, Bärtige, Rasierte, Konservative, Unkonventionelle, … soll die Liste noch weiter fortgesetzt werden? Oder reicht es zu sagen: dort waren Menschen aus allen Gesellschaftsschichten vertreten.
Ja. Auch ein paar Rechte. Na sowas! Sagen sie mal! Hat eigentlich bei früheren Demonstrationen, zum Beispiel damals bei der Schüssel-Regierung, jemals irgendwer gefragt ob da nicht vielleicht auch ein paar Rechte dabei waren? Nein. Hat niemand.
Warum?
Weil es damals egal war. Und warum war es damals egal? Weil damals nicht mit aller Gewalt diffamiert, unterdrückt und die Meinungsfreiheit bekämpft werden musste.

Dass auf Social-Media-Plattformen häufig das Gegenteil von gewaltfreier Kommunikation herrscht, ist wohl bekannt und gilt absolut nicht nur für Leute, die an Demonstrationen gegen einen übergriffigen Staat teilgenommen haben. Das müssen wir ihnen hier aber sicher nicht erklären. Ihre Anschuldigung ist lächerlich. Vor Allem in Anbetracht dessen, wie wenig gewaltfrei die Kommunikation der Medien (Der Standard miteingeschlossen) gegenüber den Demonstrantinnen und Demonstranten war und immer noch ist.

Ihr Institut möchte doch Vorurteile, das Entstehen von Feindbildern erforschen und Diskriminierung entgegenwirken?
Schreiben sie auch Artikel über all die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ihre Reputationen verloren haben, weil sie sich kritisch geäußert haben zur vermeintlichen Wunderwaffe „Impfung“ oder den sinnlosen Maßnahmen? Haben Sie über die Great Barrington Declaration geschrieben? Schreiben sie über die Ärztinnen und Ärzte, die ihre Lizenzen verloren haben? Das wäre doch ein Versuch, sich einem wissenschaftlichen Diskurs zumindest anzunähern. Meinen Sie nicht?
Das wärs dann. Der Virus, dem „die Wissenschaft“ tödlich erlegen ist, hat wohl „den Journalismus“ und diverse Think Tanks infiziert und alle ethischen Standards gehen jetzt Hand in Hand zu Grunde. Trauriges Bild. Finden sie nicht?

Wenn sich das Sir-Peter-Ustinov-Institut dieses Jahr dem Thema der Verschwörungstheorien und dem Autoritarisums widmet, hoffe ich, dass auch die unzähligen Verschwörungstheorien der „Experten“ der Regierung, der Medien und die autoritäre, undemokratische Entwicklung in Europa, sehr genau beleuchtet und thematisiert wird. Sie beklagen eine Entsolidarisierung infolge von Neoliberalismus und dem damit zusammenhängenden „libertären Autoritarismus“, dem Autoritarismus der Corona-Maßnahmengegner, die angeblich auf die Straße gehen würden um einen „schwachen, geradezu abwesenden Staat“ zu fordern. Ist Ihnen bewusst, dass Menschen infolge von evidenzbefreiter Lockdownpolitik ihre Jobs verloren haben?

Und nein, die Menschen, die auf die Straße gehen, wollen keinen schwachen, abwesenden Staat, wie Sie es behaupten, sondern einen Staat der Demokratie, Grundrechte und Meinungsfreiheit schützt. Sie wollen Medien, die einen wissenschaftlichen Diskurs fördern und investigativ arbeiten. Sie wollen keinen Staat, der sie zu Unrecht einsperrt, diffamiert, als Idioten beschimpft und ihnen ihre Rechte, ihre Wirtschaft, ihre Arbeitsplätze, die Psyche ihrer Kinder und ihre psychische und körperliche Gesundheit nimmt, ihnen mit dem Damoklesschwert einer Pflicht zur Injektion eines neuartigen Medikaments droht, ihnen alles nimmt, wenn sie sich nicht brav und systemkonform verhalten. Sie wollen nicht in Richtung China 2.0 steuern. Das wollen diese Menschen verhindern.

Sie möchten genau DAS verhindern, was ihnen in diesem Artikel mit Verweis auf die Studie von Amlinger und Nachtwey unterstellt wird, nämlich Feindseligkeit gegenüber Andersdenkenden, jene Feindseligkeit, welcher diese Menschen seit Beginn des Corona-Ausnahmezustandes seitens Politik, Medien und sogenannten Intellektuellen und Szenejournalisten ausgesetzt sind. Man denke nur an den eingangs erwähnten Robert Misik, der das Wort Menschen in seinen Tweets unter Anführungszeichen setzt. Man denke an die 2G-Regeln, die dafür gesorgt haben, dass Menschen, die sich das Corona-Impfroulette nicht aufzwingen lassen wollten, keine Schuh- oder Bekleidungsgeschäfte betreten durften. Man denke an den ehemaligen Bundeskanzler Alexander Schallenberg, der die Zügel für Ungeimpfte straffer ziehen wollte, als ob sie keine Menschen, sondern Tiere wären. Diese Feindseligkeit ging nicht von den Maßnahmenkritikern aus!

Stattdessen wird im Artikel – wie so oft bei der Corona-Thematik – in notorischer Verdrehungsmanier versucht, die Politik, die für all die autoritären Maßnahmen und Einschränkungen zu verantworten ist, nicht in die Nähe des Autoritarismus zu rücken, sondern Menschen, die dagegen demonstrieren als autoritär zu brandmarken. Der große Bruder in George Orwells Verdrehungswelt wäre stolz auf sie! Bei so viel Verdrehung muss man ernsthaft fragen, ab wann von Demagogie die Rede sein kann. Pardon! Solche Fragen dürfen nur Menschen auf dem hohen moralischen Ross stellen. Und das sind sie und ihresgleichen in den herrschaftsloyalen Büros und Redaktionen.

Wir denken, ihr Artikel ist eine einzige Themenverfehlung. Sie plädieren anfangs für Brückenbau, um dann hegemoniekritischen Menschen, die im Rahmen ihres Demonstrationsrechts auf die Straße gehen, das Stigmaschild „autoritär“ umzuhängen und gleichzeitig autoritäre und repressive staatspolitische Bestrebungen, wogegen die Menschen auf die Straße gehen, zu verkennen oder zu kaschieren. Ihre fehlkonstruierte Brücke sieht dann so aus, dass sie die „libertären Autoritären“ von staatspolitischen Allianzen ausgeschlossen sehen möchten: „Die Politik muss versuchen, Bündnisse zwischen verschiedenen Gruppen zu schließen, um den jeweils aktuell gefährlichsten Auswirkungen der verschiedenen autoritären Strömungen entgegenzutreten.“ Sie plädieren in der Folge für eine Allianz um beispielsweise eine „Gesundheitspolitik aufrechtzuerhalten, die etwa Epidemien verhindert“.

Sie haben nicht im Geringsten verstanden, warum die Menschen auf der ganzen Welt (Australien, Canada, Spanien, Frankreich, Österreich, Deutschland, Niederlande u.a. – diese Bilder wurden im Fernsehen natürlich nicht gezeigt, klar, man hätte ja sonst bemerkt, dass es viele sind) auf die Straße gegangen sind, um eben genau gegen Autoritarismus zu demonstrieren. Gegen einen evidenzbefreiten Maßnahmenstaat, der seine alternativlose Repression im Mantel einer „Gesundheitspolitik“ in Szene setzt.

Noch ein letzter Punkt: Wollen sie leugnen, dass es Eliten gibt? Dass Konzerne und einige wenige Superreiche mittlerweile unsere Welt beherrschen und dass Politik, Medien etc. sich diesen kapitalistischen Strukturen unterworfen haben? Auf Ihrer Instituts-Homepage steht, dass eines Ihrer Ziele sei, „die Publikation von wissenschaftlicher und aufklärender Literatur“ zu unterstützen. Dann empfehlen wir Ihnen kapital- und elitenkritische Publikationen im Sinne einer friedfertigen Zukunft frei von Ausbeutung und Feindbildern gezielt zu fördern. Es liegt an Ihnen.

Freie Linke Österreich